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Gemeinsame Erklärung von L20 und W20

L20 W20 Statement

Die wirtschaftliche Stärkung von Frauen fördern und für menschenwürdige Arbeit in einer vernetzten Welt sorgen

Wir begrüßen das Motto der deutschen G20-Präsidentschaft „Eine vernetzte Welt gestalten“. Die globale Finanzkrise hat das Ausmaß und die Intensität der Vernetzung der Staaten weltweit deutlich gemacht und gezeigt, wie wichtig internationale Zusammenarbeit ist. Die Schaffung stabiler Finanzmärkte als Grundlage für stabile Beschäftigung und Einkommenssicherheit überall auf der Welt erfordert stabile Gesellschaften, in denen Frauen und Männer gleichgestellt sind. Im Verlauf des letzten Jahrhunderts wurde die Gleichstellung der Geschlechter erheblich verbessert, aber in der letzten Zeit haben sich die Fortschritte verlangsamt. Die Diskrepanz zwischen der Beschäftigungsquote von Männern und Frauen in G20-Staaten ist zwischen 2012 und 2015 beispielsweise um nur 0,6 Prozentpunkte pro Jahr zurückgegangen. Zentrale Hindernisse für die volle Erwerbsbeteiligung von Frauen sind etwa ihr größerer Anteil an unbezahlten Tätigkeiten im Haushalt und im Pflegebereich, das geschlechtsspezifische Lohn- und Gehaltsgefälle, das Fehlen angemessener Kinderbetreuungseinrichtungen, regressive steuerpolitische Maßnahmen, schlechte Arbeitsstandards und niedrige Löhne. Wir unterstützen die Bemühungen der Staats- und Regierungschefs der G20 um die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und rufen zu konkreten Maßnahmen auf, um die Gleichberechtigung bei der Beschäftigung zu verbessern, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen, das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu beseitigen und Pflege- sowie häusliche Tätigkeiten gerechter zwischen Frauen und Männern aufzuteilen.

Die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt verbessern und für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sorgen

Allzu häufig werden erwerbstätige Frauen mit Hungerlöhnen und prekären Tätigkeiten abgespeist. Zum Teil sind sie am Arbeitsplatz Gewalt ausgesetzt. Frauen stellen einen wesentlich größeren Anteil der Teilzeitbeschäftigten als Männer, und das oftmals nur, weil sie keine andere Wahl haben. Armen Frauen bleiben häufig nur informelle Tätigkeiten. Selbst Mindestlöhne, sofern sie existieren, sind keine Garantie für ein Einkommen oberhalb der Armutsgrenze. Auch unter den Mindestlohnempfängern sind Frauen überrepräsentiert. Armut ist nach wie vor ein Frauenthema, und es ist weiterhin dringend notwendig, für einen lebenslang angemessenen Lebensstandard für Frauen und Mädchen zu sorgen, u.a. durch die Verbesserung der sozialen Systeme. Wir appellieren an die G20, sicherzustellen, dass die Arbeit von Frauen bezahlt, wertgeschätzt und gleichwertig ist.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen und das Ziel „25 bis 25“ erreichen“


Wir fordern die G20-Mitgliedsstaaten dringend auf, Maßnahmen zu ergreifen, um das Ziel „25 bis 25“ zu erreichen (eine Steigerung um 25 Prozent bis zum Jahr 2025), das die G20 beschlossen hat, um die Lücke in der Erwerbsbeteiligung zu verringern. Wir rufen jeden Mitgliedsstaat auf, einen innerstaatlichen Aktionsplan festzulegen und die diesbezüglichen Fortschritte zu verfolgen. Um das Ziel „25 bis 25“ zu erreichen, bedarf es neben formellen Gesetzen und einer informellen Änderung der Einstellungen und Normen, die Frauen diskriminieren, eines umfassenden Pakets von Aktivitäten auf nationaler Ebene sowie eines globalen Engagements.

Die geschlechtsspezifische Lücke bei den Löhnen und Renten für gleiche und gleichwertige Arbeit schließen

Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer. Frauen werden häufig für Tätigkeiten eingestellt, denen ein geringerer Wert beigemessen wird. Sie beziehen niedrigere Löhne und haben weniger Möglichkeiten als Männer, im Beruf voranzukommen. In den Bereichen, in denen Frauen Zugang zu denselben Tätigkeiten wie Männer haben, sind sie in hochwertigen, gut bezahlten Jobs in expandierenden Sektoren unterrepräsentiert und im informellen Sektor überrepräsentiert. Von Frauen ausgeübte Berufe werden in der Regel geringer bezahlt. Falls die derzeitigen Trends anhalten, rechnet die Internationale Arbeitsorganisation damit, dass es noch 75 Jahre dauern wird, bis das Prinzip ‛gleicher Lohn für gleiche Arbeit’ zu einer weltweiten Realität wird. Das Weltwirtschaftsforum geht sogar von 115 Jahren aus. Auch von Altersarmut sind Frauen eher betroffen als Männer. Die ungleiche Verteilung unbezahlter Tätigkeiten im Haushalt und im Pflegebereich stellt ein erhebliches Hindernis für die Möglichkeit von Frauen und Mädchen dar, länger zur Schule zu gehen oder zu studieren, eine Erwerbstätigkeit zu beginnen oder wiederaufzunehmen oder wirtschaftliche Chancen zu nutzen und unternehmerische Tätigkeiten zu verfolgen. Die Folge davon sind häufig massive Lücken bei den Sozialleistungen und Renten. Angesichts der alternden G20-Bevölkerung bringt dies zusätzliche Belastungen für die Mitgliedsstaaten mit sich. Wir appellieren an die G20, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Lohn- und Rentenlücke zu schließen, indem Gesetze und Bestimmungen zugunsten des Prinzips gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit erlassen, verbessert und in Kraft gesetzt werden, und zwar sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Wir fordern die G20 zudem dringend auf, gesetzliche, administrative und politische Maßnahmen zu fördern, die Frauen einen uneingeschränkten und gleichberechtigten Zugang zur Rente garantieren und geschlechtsspezifische Diskrepanzen bei den Sozialleistungen reduzieren.

Pflege- und häusliche Tätigkeiten gerechter zwischen Frauen und Männern aufteilen

Die G20 muss die unverhältnismäßige Belastung von Frauen durch unbezahlte Pflege- und häusliche Tätigkeiten, einschließlich Kinderbetreuung, der Pflege älterer, kranker und behinderter Menschen, zur Kenntnis nehmen. Der Wert unbezahlter häuslicher und Pflegetätigkeiten sollte anerkannt werden. Sie sind aus sozialer und wirtschaftlicher Sicht unerlässlich, werden aber immer noch unterbewertet und in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht erfasst, womit ihr wirtschaftlicher Wert ignoriert wird. Wenn wir uns nicht wirklich bewusst sind, in welchem Verhältnis die bezahlten und die unbezahlten Sektoren zueinander stehen, dann wird sich an der Geschlechterungleichheit nichts ändern. In manchen Teilen der Welt nimmt die Beteiligung von Männern an Betreuungs- und Pflegetätigkeiten zwar zu, aber nirgends kommt dies auch nur annähernd an das von Frauen Geleistete heran. Wir fordern die G20 auf, die notwendige Infrastruktur bereitzustellen, damit unbezahlte Pflegetätigkeiten gerechter zwischen Frauen und Männern aufgeteilt werden können. Zudem sollte die G20 die gemeinsame Verantwortung von Frauen und Männern für unbezahlte Pflege- und häusliche Tätigkeiten fördern.

UNTERZEICHNER

Reiner Hoffmann DGB-Vorsitzender
Elke Hannack Stellvertretende DGB-Vorsitzende
Mona Küppers W20-Vorsitzende
Vorsitzende des Deutschen Frauenrates
Stephanie Bschorr W20-Vorsitzende
Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen

 

G20
Die Gruppe der 20 (G20) ist ein wichtiges Forum für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit. Im Rahmen der G20 stimmen 19 führende Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union ihre politischen Strategien ab und verständigen sich auf gemeinsame Maßnahmen und Prinzipien. Die G20-Staaten repräsentieren 85 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, 80 Prozent des Welthandels und rund zwei Drittel der Weltbevölkerung. Dies unterstreicht das erhebliche Potenzial der G20 als globale Plattform für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit und Politikgestaltung. Die G20 ist somit ein wichtiges Forum für die politische Willensbildung. Sie muss die Federführung bei der Umsetzung der ehrgeizigen Agenda 2030 der Vereinten Nationen übernehmen, mit Schwerpunkt u.a. auf der wirtschaftlichen Beteiligung und Stärkung von Frauen, finanzieller Inklusion und Wohlstand für alle.


L20
Die Gewerkschaftsgruppierung Labour 20 (L20) vertritt die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der Ebene der G20. Sie setzt sich zusammen aus Gewerkschaften der G20-Länder sowie den internationalen Branchengewerkschaftsverbänden (GUFs). Koordinator des L20-Prozesses in Deutschland ist der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

W20
Women20 (W20) ist der offizielle G20-Dialogprozess, bei dem es schwerpunktmäßig um die wirtschaftliche Beteiligung und Stärkung von Frauen geht. Die W20 trägt die weltweiten Erfahrungen zivilgesellschaftlicher Frauenorganisationen, von Unternehmerinnenverbänden und von Frauen aus der Wissenschaft zusammen. Der W20-Prozess in Deutschland wird vom Deutschen Frauenrat und vom Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) gemeinsam organisiert.

 

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